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Verschiebung des ELStAM-Verfahrens für die PKV um zwei Jahre auf 2026

Von Katharina Kammerer / 10. Januar 2024

Mit dem Jahressteuergesetz 2020 hat der Gesetzgeber eine umfangreiche Anpassung im Prozess der Arbeitgeberbescheinigungen in der privaten Krankenversicherung (PKV) verabschiedet, diese Änderungen sollten (eigentlich) ab November 2023 umgesetzt werden. Allerdings meldeten am 10. Mai 2023 die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder, dass der im Jahressteuergesetz 2020 gesetzlich festgelegte Starttermin der Einführung des Datenaustauschs vom 1. Januar 2024 um bis zu zwei Jahre verschoben wird. „Der Starttermin des neuen Verfahrens ist damit spätestens der 1. Januar 2026. Gründe für die Verschiebung sind die Komplexität des technischen Verfahrens und die inzwischen sichere Erkenntnis, dem berechtigten Interesse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an einem korrekten Lohnsteuerabzug vorher leider nicht vollumfänglich gerecht werden zu können“, so der damalige Wortlaut der Mitteilung. Inzwischen wurde die Verschiebung um zwei Jahre bestätigt.

Ablösung des Papierverfahrens

Das bisherige Verfahren sieht so aus: die Versicherungsnehmer (VN) erhalten zum Jahreswechsel Papierbescheinigungen für das Folgejahr zur Vorlage beim Arbeitgeber. Diese Bescheinigungen dienen dazu, den Arbeitgeberzuschuss zu erlangen und zur Berücksichtigung von Merkmalen beim Lohnsteuerabzug (Steuerklasse, Kinderfreibeträge, Religionszugehörigkeit und Lohnsteuerfreibeträge). Nach der Zahlung des letzten Monatsbeitrags im Dezember erhalten die VN zusätzlich eine Verwendungsbestätigung als Nachweis, dass die bescheinigten Soll-Beiträge auch tatsächlich gezahlt wurden.

Das neue ELStAM-Verfahren / PKV-Bescheinigungsverfahren

Im neuen elektronischen ELStAM-Verfahren – auch PKV-Bescheinigungsverfahren genannt – meldet das Versicherungsunternehmen (VU) bis zum 20. November für das Folgejahr die Soll-Monats-Beiträge elektronisch an das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt). Die Arbeitgeber fragen diese Daten dann elektronisch ab zur Berechnung des AG-Zuschusses und der Lohnsteuer.

Die ELStAM-Meldung wird vor Beginn des Jahres mit den geplanten Soll-Beiträgen versendet, dabei müssen die Beiträge für jeden Monat aufgeschlüsselt werden (auch für Jahreszahler). Im Falle von Vertragsänderungen oder Zahlungs-Abweichungen (Soll-/Ist-Beiträge) muss das Versicherungsunternehmen Korrekturen versenden, da gesetzlich die Ist-Beiträge gelten. Dadurch entfällt die Verwendungsbestätigung, die bisher verschickt werden musste. Die VN können der Übermittlung widersprechen.

Abgrenzung zu MZ10 (Bürgerentlastungsgesetz; BEG)

Das PKV-Bescheinigungsverfahren hat Ähnlichkeit mit der Meldung nach dem BEG (MZ10), unterscheidet sich jedoch in Details. Der Gesetzgeber hat klargestellt, dass die MZ10-Meldungen nicht durch die ELStAM-Meldungen ersetzt werden und weiterhin an die Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen (ZfA) zu senden sind. Die MZ10-Meldung dient der Berücksichtigung bei der Veranlagung zur Einkommensteuer. Sie wird für das vergangene Jahr mit den geleisteten Beiträgen für den Zeitraum versendet. Die Beiträge zur Basiskrankenversicherung werden immer gemeldet. Zusätzlich kann bei bestehender Einwilligung auch die Übermittlung der Gesamtbeiträge erfolgen. Beide Meldeverfahren – MZ10 und ELStAM – agieren unabhängig voneinander.

Herausforderung Widerspruchsverwaltung

Das neue ELStAM-Verfahren sieht umfangreichen Gestaltungsspielraum bezüglich der Widerspruchsformulierung der VN vor. So heißt es im Kommunikationshandbuch: „Der Versicherungsnehmer kann durch Wahrnehmung seines Widerspruchrechts z.B. verhindern, dass dem Arbeitgeber die Möglichkeit gegeben wird, aus der Höhe des Krankenversicherungsbeitrags Rückschlüsse auf seinen Gesundheitszustand zu ziehen.“ Diese sogenannten „Wunsch-Meldungen“ können allerdings nur die VN stellen, die versicherten Personen haben keine Gestaltungsrechte.

Grundsätzlich können die VN ihr Widerspruchsrecht frei formuliert ausüben:

 

  • Widerspruch in voller Höhe
  • Widerspruch für Meldungen über einem Absolut-Betrag
  • Widerspruch in prozentualer Höhe
  • Widerspruch für Vertragsteile, einzelne oder Zeiträume
  • Weitere Gestaltungsmöglichkeiten denkbar

 

Nach erfolgtem Widerspruch besteht kein Anspruch auf eine Ersatz-Papierbestätigung, und der Widerspruch hat keinen Einfluss auf die MZ10-Meldung.

Für Versicherungsunternehmen bedeutet das: je feingranularer vom Widerspruchsrecht Gebrauch gemacht wird, umso mehr manuelle Nachbearbeitung fällt an, da die „Wunsch-Meldungen“ eine komplexe Prozesslogik auslösen – die rein technisch gesehen zwar maschinell abgebildet werden könnte, bei der sich in der Praxis aber die Frage nach Aufwand und Nutzen stellt. Beispielsweise ist es so, dass die verarbeitende Software des ELStAM-Verfahrens  keine Kenntnis von einzelnen VU-individuellen Tarifen und den darauf anfallenden Beitragsteilen haben kann. Nutzt nun die VN einen Widerspruch für einzelne Vertragsteile, kann das Ergebnis nicht maschinell durch die Software ermittelt werden. Eine Lösung ist in diesem Fall, die Meldung auf der Software-Oberfläche zu bearbeiten.

Herausforderung Korrekturmeldungen

Durch geänderte Verträge (oder wenn die VN nicht mehr zahlen) müsste eigentlich eine Korrektur gemeldet werden – unterbleibt diese Meldung, so zahlt der Arbeitgeber weiter den (alten) Zuschuss. Da es keine Verwendungsnachweise mehr gibt, erfährt der Arbeitgeber ohne Korrekturmeldungen niemals davon, dass sein Zuschuss nicht für die Begleichung der Beiträge genutzt wurde. Allerdings sind bereits erfolgte Datenübermittlungen an das BZSt in der Folge – sofern die VN hinreichend in ihren Rechten aufgeklärt wurden – nachträglich durch Wahrnehmung des Widerspruchrechtes nicht zu ändern. Beitragsänderungen für das Vorjahr sollen nach dem 28. Februar nicht mehr über das ELStAM Verfahren übermittelt werden, so steht im Kommunikationshandbuch: „Insbesondere kann der Widerspruch nur mit Wirkung für die Zukunft geändert oder zurückgenommen werden. Diesbezüglich sind Auswirkungen auf die Datenübermittlung an das BZSt nur für aktuelle oder zukünftige Besteuerungszeiträume möglich. Eine Korrektur von abgeschlossenen Besteuerungszeiträumen aufgrund eines Widerspruchs scheidet daher regelmäßig aus.“ Nur wenn es sich um echte Korrekturen handelt (weil z.B. ein tatsächlich im Vorjahr noch gezahlter Betrag bisher nicht in der Meldung berücksichtigt wurde) ist eine Korrektur bis zu sieben Jahre rückwirkend möglich.

Nachdem Software die Unterschiede in diesen Korrekturen nicht erkennen kann, ist eine Lösung, dass alle nach dem 28. Februar eingehenden Meldungen auf Schwebe gesetzt und explizit freigegeben werden müssen. Diese Freigabe kann entweder über die GUI oder per Kennzeichen direkt in der Import-Schnittstelle erfolgen (falls das Bestandssystem diese Unterscheidung vornehmen kann).

Software-Anforderungen

Folgende Daten müssen künftig über eine Schnittstelle vom Versicherungsunternehmen übermittelt werden können:

 

  • Jahresmeldung per 20. November (die monatlichen Planbeiträge für das Folgejahr)
  • Unterjährige Vertragsänderung (die bisherigen Ist-Beiträge plus die zukünftigen Planbeiträge für den Rest des Jahres)
  • Unterjährige Neuzugänge (die Planbeiträge für den Rest des Jahres)
  • Bei Zahlungsstörungen erfolgt eine Meldung nach Umstellung in den Notlagentarif / spätestens jedoch zum Jahresende (dann die Ist-Beiträge für die Monate)

 

Des Weiteren sind noch Besonderheiten bei Jahreszahlern zu beachten: In der jährlichen Meldung bis 20. November des Vorjahres sind explizit immer die monatlichen Planbeiträge zu melden. Dies gilt auch, wenn eine Jahreszahlung mit dem Kunden vereinbart wurde. In der Schnittstelle an das verarbeitende Softwaresystem muss für jeden Monat der zu meldende monatliche Beitrag angegeben werden. Erst wenn die tatsächliche Zahlung von diesen gemeldeten (Plan-)Beiträgen abweicht, wird eine Korrektur erforderlich.

Insgesamt betrachtet bietet die Einführung des ELStAM- bzw. PKV-Bescheinigungsverfahrens einige Herausforderungen für Versicherungsunternehmen. Die zweijährige Verschiebung des Einführungszeitpunktes ist ein Indiz für die Komplexität, die sich in den Details des Verfahrens erschließt. Gleichzeitig muss aber nach wie vor das Thema KVNR bewältigt werden (siehe Blogbeitrag Teil 1). Fest steht, dass unabhängig von der Strategie – Eigenentwicklung oder Einführung von Standardsoftware – der verschobene Einführungstermin etwas mehr Luft verschafft, die Herausforderung aber dennoch bestehen bleibt.

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