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Neue Betriebsrente

Sicherheit statt Garantie

Von Stefan Nörtemann / 13. September 2017

„‘Keine Garantieleistung‘ bei der neuen Betriebsrente bedeutet ja auch keineswegs automatisch ‚keine Sicherheit‘.“

Diese Äußerung von Andrea Nahles fiel mir kürzlich ins Auge und ich dachte: Ja genau, dafür hat der Gesetzgeber uns ja ein ganzes Instrumentarium mit auf den Weg gegeben. Christian Weber hat die kollektiven Puffer und deren mögliche Wirkungsweise in seinem letzten Beitrag ausführlich erläutert. Bei Frau Nahles heißt es dann weiter unten:

„… haben die Sozialpartner die Freiheit und gleichzeitig die Verantwortung, in dem breiten Spektrum zwischen ‚hoher Sicherheit‘ und ‚hohen Ertragschancen‘ sachgerechte Entscheidungen zu treffen.“*

Wirkungsweise der Sicherungsinstrumente

Klar, die Verantwortung für die Gestaltung der Versorgungszusagen und deren Umsetzung liegt bei den Tarifvertragsparteien, also den Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden. Diese müssen auch darüber entscheiden, welche der obigen Instrumentarien angewandt und wie diese im Detail eingesetzt werden sollen. Wir sprechen hier von Kalibrierung und meinen damit etwa Festlegungen zu Fragen wie z.B. wie hoch die Sicherheitsbeiträge sein sollen.

Um hier ihrer Verantwortung gerecht werden zu können müssen die Tarifparteien eine Idee von der Wirkungsweise der Instrumente haben. Mehr noch: sie müssen auch wissen, wie sich eine bestimmte Kalibrierung auswirkt und ob ggf. eine andere zu bevorzugen wäre. Und das alles mit Blick auf den Aspekt der Sicherheit.

Doch was bedeutet Sicherheit in diesem Zusammenhang?

Und wie kann sie gemessen werden? In meinem Beitrag zur „Wackelrente“ habe ich die Frage indirekt beantwortet, mit der (nicht formulierten, aber implizit vorausgesetzten) These: „Je unwahrscheinlicher Rentenkürzungen sind, desto sicherer ist die Rente!“

Die Unsicherheit, die aus dem Verbot von Garantien resultiert, besteht ja darin, dass laufende Renten in bestimmten Situationen gekürzt werden können, ja sogar müssen! Und die besprochenen Instrumente, wie implizite oder explizite Puffer sollen Rentenkürzungen nach Möglichkeit verhindern oder zumindest seltener machen.

Für die von Andrea Nahles eingeforderten „sachgerechten Entscheidungen“ benötigen die Sozialpartner demnach Kenntnis darüber, wie sich gewisse Instrumente sowie bestimmte Kalibrierungen auf die Wahrscheinlichkeit von Rentenkürzungen auswirken.

Modellrechnungen

In einer eigenen DAV-Arbeitsgruppe des DAV-Ausschusses Investment  führen wir dazu umfängliche Modellrechnungen durch. Konkret werten wir Projektionsrechnungen auf Basis eines stochastischen Kapitalmarkts für einen Musterbestand, modellhafte Kapitalanlagen und eine fiktive reine Beitragszusage unter bestimmten Gesichtspunkten aus. Dabei variieren wir die Kalibrierungen für die unterschiedlichen Instrumente und vergleichen die quantitativen Wirkungen mit Blick auf die Rentenkürzungen miteinander.

Im Ergebnis lässt sich feststellen, dass sich die Instrumente so kalibrieren und kombinieren lassen, dass Rentenkürzungen fast völlig vermieden werden können.

Das bedeutet, dass jeder Grad an Sicherheit von „keine Sicherheit“ bis „sehr nahe an eine Garantie“ erreicht werden kann!

Dies geht natürlich zu Lasten der Höhe der Leistungen. Konkret vermindert jede Art von Puffer die Startrenten der Leistungsempfänger. Mit anderen Worten kann man sagen, dass bei der Verrentung eine größere Rentenkürzung implizit vorweggenommen wird, die ausreichen soll, künftige Rentenkürzungen zu vermeiden.

Dem Rentner selbst würde es vielleicht besser gefallen, von Beginn an die höchstmögliche Rente zu erhalten. Im Gegenzug würde er auf jede Sicherheit verzichten und eine später notwendige Kürzung eher akzeptieren. Zumal unsere Modellrechnungen auch ergeben haben, dass in vielen Kapitalmarktszenarien, die Renten nach der ersten, und ggf. zweiten Rentenkürzung immer noch höher sind als die Startrenten in einer vergleichbaren Variante mit umfänglichen Puffern oder einer klassichen Garantierente.

Aber wie Andrea Nahles schon sagt: Die Freiheit und Verantwortung für diese Grundsatzentscheidungen liegen bei den Sozialpartnern!

*) Andrea Nahles, Das Betriebsrentenstärkungsgesetz kommt!, BetrAV 05/2017, 31.07.2017, S. 377f

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