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Produktinnovationen

Nachhaltige Altersvorsorge unter geänderten Rahmenbedingungen

Von Christian Weber / 11. Januar 2023

Während Lebensversicherer und weitere Anbieter privater und betrieblicher Altersvorsorge seit Jahren mit niedrigen Zinsen kämpfen, hat sich im Jahr 2022 die Situation schlagartig geändert. Zum einen sind die Zinsen sprunghaft gestiegen, zum anderen werden auch weiter steigende Zinsen erwartet.

Geänderte Zinssituation

Betrachten wir etwa die Null-Kupon-Euro-Swapkurve für 10-jährige Veranlagungen. Die Werte, die sich seit 2019 in einem engen Korridor um 0 Prozent bewegt haben, sind im Verlauf des Jahres 2022 auf über 3 Prozent gestiegen.

(Quelle: Zeitreihen unter https://www.bundesbank.de/de/statistiken)

Für kürzere Veranlagungszeiträume ist die Entwicklung der Euribor-Zinssätze ein guter Indikator, etwa der 3-Monats-Euribor. Er ist seit 2016 beständig negativ, im letzten Jahr bei etwa – 0,5 Prozent. Seit 2022 steigt der 3-Monats-Euribor an, zuerst moderat, dann immer schneller werdend, hat er im Juli 2022 die Null-Linie überschritten und im Dezember 2022 2 Prozent erreicht.

(Quelle: https://www.euribor-rates.eu/de/aktuelle-euribor-werte/2/euribor-zinssatz-3-monate/ (30.11.2022))

Steigende Inflation

Die geänderte Zinssituation beruht auf geänderten makroökonomischen Bedingungen, die sich insbesondere in einer stark gestiegenen Inflation zeigen. Erste Anzeichen dafür gab es in 2021, im zweiten Jahr der Corona-Pandemie. Mit dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine und den Sanktionsmaßnahmen haben sich die Preise für Energie und Nahrungsmittel teilweise massiv erhöht, was sich in der Entwicklung der Verbraucherpreise zeigt.

Die gestiegene Inflation ist seit einiger Zeit merkbar über dem Inflationsziel der EZB von zwei Prozent jährlicher Inflation. Als Reaktion hat die EZB den Hauptrefinanzierungssatz (EZB-Leitzins), der seit 10.03.2016 0,0 Prozent betragen hat, in mehreren Schritten erhöht – am 21.07.2022 von 0 auf 0,5 Prozent, am 08.09.2022 auf 1,25 Prozent und am 27.10.2022 auf 2 Prozent. Weitere Zinsschritte werden in Aussicht gestellt.

Herausforderungen bei volatilen Zinsen

Wie wirkt sich die sprunghafte Änderung der Zinssituation auf die Lebensversicherer und Anbieter betrieblicher Altersvorsorge aus? Dabei wollen wir zwischen Neugeschäft und Auswirkungen auf den Bestand unterscheiden. Das Neugeschäft wird durch sich verdüsternde ökonomische Aussichten gedämpft, weil bei unsicheren Aussichten langfristige Vorsorge oft nicht von hoher Priorität ist. Dazu konträr gibt es aber auch hohe Sparguthaben, für die bei hoher Inflation nach ertragreichen, sicheren Veranlagungen gesucht wird.

Die Auswirkungen auf die Vertragsbestände der Unternehmen können unterschiedlich sein. Unternehmen, die große Bestände mit langlaufenden Garantien für klassische Vorsorgeprodukte haben, sind in einem anderen Ausmaß betroffen als Unternehmen, deren Bestände hauptsächlich aus Risikoprodukten und fondsgebundenen Sparprodukten bestehen.

Für Bestände mit langlaufenden Garantien wirken sich die gestiegenen Zinssätze zum einen im Bereich der Zinszusatzrückstellung, zum anderen in der Bewertung der Veranlagungen in festverzinslichen Wertpapieren aus. Während bei der Zinszusatzrückstellung statt der bisher erforderlichen Zuführungen nun Entnahmen möglich sind, gibt es bei festverzinslichen Wertpapieren statt der gewohnten stillen Reserven nun vermehrt stille Lasten. Auch wenn die stillen Lasten oftmals nicht realisiert werden, weil die Wertpapiere bis zum Ablauf gehalten werden.

Im Bereich der Produktentwicklung gibt es angesichts steigender Zinsen vereinzelt Stimmen, die für eine Rückbesinnung auf die „gute alte Zeit“ plädieren und wieder verstärkt auf klassische Versicherungsprodukte setzen wollen. Da aber wohl weiterhin mit volatilen Entwicklungen auf den Kapitalmärkten zu rechnen ist, denken wir, dass sich die Trends in der Produktentwicklung hin zu verringerten Garantiezusagen und verstärkter Beteiligung an den Ertragschancen des Kapitalmarkts fortsetzen werden. Mehr dazu erfahren Sie in unserem nächsten Blog-Beitrag.

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