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Dunkelverarbeitung

Die Kunst der perfekten Schnittmenge

 

Business Process Automation (oft als Dunkelverarbeitung bezeichnet) ist essenziell für die bestmögliche Unterstützung und Entlastung der Sachbearbeitung im Versicherungskontext. Um die Austarierung der technischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten im Spannungsfeld zwischen Standardisierung und Individualisierung zu definieren und die bestmöglichen Lösungen im Sinne des Versicherungsunternehmens zu erreichen, muss viel Zeit in Beratung und Abstimmung fließen. Ebenso stellt die intelligente Aussteuerung von Prozessen auf Basis moderner KI-Methoden weitere Lösungsszenarien dar. Das Ziel sind hohe Automatisierungsquoten bei gleichzeitig hoher Prozessqualität und Wirtschaftlichkeit.

Automatisierungsprozesse

Business Process Automation ist im Grunde hinlänglich erklärt. Andererseits ist die Ausgestaltung der fachlichen Verarbeitungsprozesse ein Thema, über das sich Fachleute tagelang austauschen können. In Projekten wird daher ausgiebig über die Definition von Aussteuerungen, Verteilungen, Clearings und Automatisierungsgraden debattiert.

 

Die Erklärung dafür ist, dass eine gute Dunkelverarbeitung die Sachbearbeitung maximal unterstützen soll, wobei Versicherungsunternehmen generell eine hohe Automatisierungsquote wünschen. Diese sorgt dafür, dass Standardvorgänge automatisch verarbeitet werden und die Sachbearbeitung von diesen Routinevorgängen entlastet wird.

 

Somit verbleiben lediglich besonders anspruchsvolle oder strittige Fälle zur manuellen Bearbeitung. Beispielsweise wird die Leistungsabrechnung automatisiert, indem die im Input-Management eintreffenden Daten (per Scan, Apps, E-Mails, usw.) erfasst und für die Weiterverarbeitung aufbereitet werden.  Anschließend werden die Rechnungen maschinell geprüft, gegebenenfalls gekürzt, und dem Kunden wird die Abrechnung automatisch (per E-Mail, App oder Brief) zugestellt.

 

Basis dieser Automatisierungs­prozesse sind die über eine Business Process Engine (BPE) gesteuerten Prozessschritte. Die unter­schiedlichen Prozessschritte zur fachlichen Verarbeitung durch­laufen spezifische Regeln, welche auch kundenindividuell zu einer Aussteuerung des Vorgangs (zur manuellen Sachbearbeitung) aus der Dunkelverarbeitung führen können.

Standardisierung und Automatisierung

Bereits die Frage, wie viele Fälle in Dunkelverarbeitung laufen, wird von Versicherungsunternehmen unterschiedlich interpretiert: Für manche Unternehmen zählen nur die Fälle, die komplett durch eine Maschine laufen. Andere zählen außerdem Vorgänge dazu, die beim Clearing aus der Dunkelverarbeitung für die manuelle Bearbeitung ausgesteuert werden. Alles ist eine Frage der Definition. Die generelle Faustregel jedoch ist: Je besser ein Vorgang standardisiert ist, desto besser eignet er sich zur Automatisierung. Nur zusätzliche Parameter bedürfen dann einer umfangreichen Abstimmung; doch dazu später. Gut zu automatisieren sind beispielsweise Rezepte, da Medikamente – durch die Pharmazentralnummer (PZN), ein in Deutschland bundeseinheitlicher Identifikationsschlüssel für Arzneimittel, Medizinprodukte und andere sonstige apothekenübliche Produkte – eine eindeutige ID haben . Über die PZN kann geprüft werden, worum es sich handelt, und ob diese Produkte vereinbarungsgemäß erstattet werden können.

 

Schwieriger zu automatisieren ist dagegen der Bereich der Hilfsmittel. Hier kommt es stark auf die Datenqualität an (und diese wird wiederum vom eingehenden Kanal und dem Inputmanagement beeinflusst). In der Beihilfe beispielsweise müssen Hilfsmittel konkret benannt und mit Gutachten belegt sein, was den ganzen Ablauf sehr komplex und abhängig von Zusagen macht. In solchen Fällen mit Abhängigkeiten und individuellen Vorgaben ist ein entsprechendes Regelwerk zur Automatisierung entsprechend aufwändiger zu gestalten und führt damit auch zu mehr Abstimmungen und manuellen Nacharbeiten.

Integration mit Expertensystemen ZABAS und KOLUMBUS

In der Leistungsabrechnung werden etablierte Expertensysteme eingesetzt. Für die medizinische Rechnungsprüfung in der privaten Krankenversicherung beispielsweise das Expertensystem ZABAS, welches die regelbasierte und vollautomatisierte Prüfung und Regulierung von ärztlichen Abrechnungen für Krankenversicherungen und Beihilfestellen umfasst. Das Expertensystem KOLUMBUS SUITE wird beispielsweise für die Rechnungsprüfung erbrachter medizinischer Leistungen im Umfeld stationärer somatischer Behandlungen in Krankenhäusern und Fachabteilungen nach DRG sowie für die ambulante Rechnungsprüfung eingesetzt. Je tiefer die Integration mit diesen Expertensystemen in der eigentlichen Leistungsabrechnung erfolgt, desto besser kann die Dunkelverarbeitung ausgeprägt und gesteuert werden. Bei gemeinsam entwickelten Schnittstellen ist es möglich, genau zu definieren, nach welchen Regeln automatisiert wird, wann auf Fälle „geschaut“ wird, und was nicht pauschal geprüft werden darf. Durch diese Regeln ist die intelligente Aussteuerung Teil der Automatisierung. So können die Expertensysteme direkt aus der Leistungsabrechnung aufgerufen werden; auch in den Dialogen, mit den Ergebnissen im System – ganz ohne Medienbruch.

 

Die msg.Health Factory stellt im Standard eine vollständige Integration mit den Expertensystemen ZABAS und KOLUMBUS zur Verfügung. Dabei werden die Schnittstellen gemeinsam entwickelt. Zur msg.insur:it gehören auch die Hersteller der genannten Systeme – die Global Side GmbH und die innovas GmbH – als Tochterunternehmen. So können alle Systeme optimal und ohne zusätzliche Integrationsaufwände interagieren – komfortabel für die Sachbearbeitung sowie schnell und transparent in der Automatisierung.

 

Wirtschaftliche Betrachtung und Datenqualität

Um die optimale Ausgestaltung von Dunkelverarbeitung zu erreichen, muss tief in die Thematik eingetaucht werden. Folgende Parameter fließen dabei ein:

 

  • Die wirtschaftliche Betrachtung: Wie genau darf und muss es sein?
  • Die Datenqualität, der Umfang und die Granularität: Wie genau kann und soll es sein?

 

Was die wirtschaftliche Betrachtung angeht, muss die Bandbreite der gewünschten Toleranz definiert werden. Es kann sinnvoll sein, nicht jeden Parameter auszureizen, eventuell nicht jede Kürzungsmöglichkeit zu nutzen, dafür aber in einem generalisierten Verfahren Zeit einzusparen und eine gewisse Ergebnis-Toleranz zu akzeptieren. Das Herausarbeiten dieses Korridors und die intensive Abwägung wird über fachliche Beratungsleistungen des Lösungsanbieters zusammen mit dem Versicherungsunternehmen erzielt.

 

Die Grundlage für diese Entscheidungen zur wirtschaftlichen Betrachtung sind die technisch möglichen Umsetzungen und diese hängen wiederum stark von der Datenqualität, dem Umfang und der Granularität ab. Durch das Inputmanagement kommen eine Vielzahl von Daten aus unterschiedlichen Eingangskanälen in unterschiedlichen Formaten im Leistungssystem an: Apps, Portale, Telefonate, klassische Papierpost. Der Input wird erfasst und elektronisch verarbeitet, beispielsweise bei Papierpost über OCR-Schrifterkennungsprogramme. Es kommt nun auf das Versicherungsunternehmen an, ob es beispielsweise nur einen Typ „Rechnung“ gibt oder ob es 100 verschiedene Dokumententypen dazu gibt. Diese Granularität entscheidet über die Steuerungsmöglichkeiten und Definitionen der Prozesse. Gibt es nur einen pauschalen Dokumententyp, dann kann es auch nur einen pauschalen Prozess geben, der nicht feingranular ist. Diese Prozesse bilden die Kundenbedürfnisse ab und sind daher kundenindividuell.

 

Im Inputmanagement gibt es ebenso keinen Standard. Was auf Schriftstücken steht, ob eine leicht zuordbare PZN vorhanden ist oder ob Informationen wie „stationär“ oder „ambulant“ vollständig sind, lässt sich nur bedingt beeinflussen. Alle weiteren Prozesse sind abhängig von der Datenqualität, die in das System aus diversen Kanälen einfließt. Die Eingangskanäle sind beliebig in der Anzahl und werden durch das Inputmanagement optimal orchestriert. Die Bandbreite des Inputs selbst ist ebenfalls groß – z.B. Krankentagegeld, Pflegeaufwände. Dazu müssen auch Zusatzdokumente wie Einverständniserklärungen und Verordnungen berücksichtigt werden sowie Querverweise und Zwischenbelege. Diese ganzen Unterlagen können auch in unterschiedlichen Sendungen eingereicht worden sein oder auch historische Bezüge aufweisen.

 

Aufbauend auf diesen Gegebenheiten werden über die Beratung gemeinsam Geschäftsvorfälle über Business Process Engines definiert und die gewünschten Kriterien für Aussteuerungen aus dem Dunkelverarbeitungsprozess angewandt. In einem großen Projekt kann es hunderte dieser Prozesse geben.

Intelligente Aussteuerung mit künstlicher Intelligenz (KI)

Eine weitere Dimension der Optimierung eröffnet das Feld der künstlichen Intelligenz. So können im Nachhinein die Gründe für die Aussteuerung in die Sachbearbeitung analysiert werden oder auch Simulationen mit KI-Mechanismen ablaufen, sodass Regeln angepasst werden, wenn Muster erkennbar sind. Denkbar ist es auch, KI bzw. „Machine Learning“ bereits im Prozessablauf einzubeziehen, nach Wahrscheinlichkeiten zu entscheiden und damit ein selbstlernendes System zu schaffen. Auch in diesem Fall spielen die Herausarbeitung eines Erwartungskorridors und gewisse Toleranzbereiche eine große Rolle.

 

Alle hier genannten Faktoren beeinflussen die mögliche Automatisierungsquote sehr stark und es ist deutlich, dass die besten Ergebnisse durch einen sorgfältigen Beratungsaustausch zwischen Versicherungsunternehmen und Lösungsanbieter erreicht werden können. Wichtig ist, dass die gewünschten kundenspezifischen Dokumententypen und die ganzheitliche Betrachtung der Datenqualität und der wirtschaftlichen Aspekte, zusammen mit einer fundierten und tiefen Integration der fachlichen und technischen Gegebenheiten sowie sauber definierten Prozessen, eine optimale Prozessautomatisierungsquote in der Leistungsabrechnung erzielen.