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Neue Betriebsrente

Zwischenbilanz zum BRSG (1): Das Sozialpartnermodell – ein starker Impuls

Von Stefan Nörtemann / 13. Mai 2019

Anfang 2018 trat das im Vorfeld viel diskutierte Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG) in Kraft. Im Zuge der Neuregelung der betrieblichen Altersversorgung (bAV) sind die Tarifparteien aufgerufen, eine Zielrente (Sozialpartnermodell) zu vereinbaren, die auf einer reinen Beitragszusage beruht. Es besteht keine Einstandspflicht durch den Arbeitgeber – Garantiezusagen sind für die Zielrente unzulässig. Vor allem kleine und mittlere Unternehmen sollen durch den Wegfall der Arbeitgeberhaftung, eine Ausweitung der Steuervorteile und einen neuen Zuschuss für Geringverdiener motiviert werden, ihren Mitarbeitern eine betriebliche Altersvorsorge anzubieten. Durch das BRSG ist das Interesse an der bAV gestiegen, doch in der Praxis gestaltet sich die Umsetzung eher schleppend. Zeit für eine Zwischenbilanz: Wie sehen die Angebote der Versicherer aus? Wie verhalten sich die Tarifparteien (Arbeitgeber und Gewerkschaften)? Und welche fachlichen Fragen müssen noch geklärt werden?

Ausgangssituation – Sozialpartnermodell und Garantieverbot

Erklärtes Ziel der neuen Form der betrieblichen Altersversorgung ist es, das Risiko der Altersarmut zu reduzieren und Versorgungslücken zu schließen. Das Sozialpartnermodell bietet zusätzliche Anreize, Arbeitnehmern eine betriebliche Versorgung anzubieten. Wesentlicher Bestandteil des Modells ist die reine Beitragszusage. Arbeitgeber sagen nur zu, einen Beitrag abzuführen („pay and forget“) – sie sind von jeder Haftung im Hinblick auf die Höhe der zukünftigen Betriebsrente freigestellt. Sowohl in der Anwartschaft als auch in der Leistungsphase dürfen keine Garantien gewährt werden. Der Verzicht auf Garantien erlaubt eine ertragreichere Kapitalanlage – ohne Risiko für die Unternehmen. Die damit verbundenen erwarteten höheren Leistungen für die Arbeitnehmer sowie der obligatorische Arbeitgeberzuschuss machen die neue Betriebsrente auch attraktiv für die Arbeitnehmer. Zwar liegt das Kapitalanlagerisiko allein bei den Arbeitnehmern, es kann jedoch durch kollektives Sparen und den Aufbau zusätzlicher Sicherungspuffer abgemildert werden.

Versicherer beurteilen die Neuregelung positiv

Versicherer standen der Neuregelung von Anfang an positiv gegenüber – sie erhoffen sich im Wachstumsmarkt bAV zusätzliches Geschäft. Dank des BRSG sei die betriebliche Altersvorsorge in aller Munde, sagt Helmut Hofmeier, Vorstand Leben im Continentale Versicherungsverbund laut Branchenmagazin „Versicherungswirtschaft“. „Ihre Attraktivität steigt. Das hat diesem wichtigen Standbein für die Altersvorsorge einen entscheidenden Schub gegeben.“ Ähnlich äußert sich Fabian von Löbbecke, Vorstandsvorsitzender der Talanx Pensionsmanagement: „Das BRSG hat eine ganze Menge gebracht. Tatsächlich ist die bAV durch das BRSG viel attraktiver geworden.“

Gemeinsam stärker: Versicherer schließen sich zusammen

Es geht um die Rente tausender Menschen und gerade deshalb wollen die Sozialpartner auf Nummer sicher gehen. Das ist auch einer der Gründe, weshalb sich Versicherer zusammengetan haben, um gemeinsam neue Produkte für das Sozialpartnermodell zu entwickeln und anzubieten. Finanzstarke Partner können Sicherheit bieten, sagt Lars Golatka laut Pressemitteilung vom 24. Oktober 2018, in der sich die Kooperation „Die deutsche Betriebsrente“ als „angebotsfähig“ bezeichnet. Die beiden Versicherungskonzerne Talanx und Zurich haben unter diesem Namen eine gemeinsame Lösung für das Sozialpartnermodell auf den Markt gebracht. Der Zielrentenlösung liegt ein kapitalmarktbasierter Pensionsfonds zugrunde.

„Aus unseren Gesprächen mit Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften geht hervor, dass die Sozialpartner eine Gewähr dafür wollen, dass die Anbieter ihnen auf sehr lange Zeit die Treue halten.“ Golatka ist überzeugt, dass „Die Deutsche Betriebsrente“ dem Sicherheitsbedürfnis gerecht werden kann: „Sie wird von gleich zwei finanzstarken Konzernen getragen.“

Neben Talanx und Zurich gibt es weitere Versicherer, die sich dazu entschlossen haben, sich der Herausforderung Sozialpartnermodell gemeinsam zu stellen. Bereits im Juli 2017 erhielt „Das Rentenwerk“, eine Kooperation aus fünf genossenschaftlich geprägten Lebensversicherungen, grünes Licht vom Bundeskartellamt. Der Zusammenschluss von Barmenia, Debeka, Gothaer, Huk-Coburg und Stuttgarter Lebensversicherung bietet den Arbeitgebern und Gewerkschaften eine Betriebsrente, die diese an ihre Bedürfnisse anpassen können. Seit März 2018 bietet „Das Rentenwerk“ eine fondsgebundene Direktversicherung, die sich digital verwalten und flexibel anpassen lässt. In Zukunft könnten nach Aussage der Kooperation neben dieser Lösung noch weitere Angebote entwickelt werden.

Die „Initiative Vorsorge“ ist ein Konsortium aus den Versicherern Alte Leipziger Lebensversicherung, Lebensversicherung von 1871, Neue Bayerische Beamten Lebensversicherung und Volkswohl Bund Lebensversicherung. Die Initiative nennt ihr Angebot für das Sozialpartnermodell „LebensRente“. Aufgrund der Expertise in Sachen Verwaltung von Pensionsfonds hat das Konsortium den Asset-Manager HSBC mit ins Boot geholt.

Ein Bündnis zwischen den beiden genossenschaftlich geprägten Unternehmen R+V Versicherung und Union Investment bietet seit März 2018 ebenfalls eine gemeinsame Lösung. Dabei sind die Aufgaben klar verteilt: R+V Lebensversicherung übernimmt alle Aufgaben, die mit der Führung der Gesellschaft, der Beratung und der Kundenbetreuung verbunden sind. Die Investmentgesellschaft gestaltet den Spezialfonds, in den das Geld für die spätere Betriebsrente investiert wird, heißt es in einer Pressemitteilung vom 6. März 2018. Das Produkt „Zielrente“ wird über die gemeinsame Tochter R+V Pensionsfonds angeboten. Das Bündnis verspricht, individuell für jede Branche und entsprechend den Wünschen von Arbeitgebern und Gewerkschaften ein Produkt zu erstellen.

Kosten senken und Skaleneffekte realisieren

Neben dem Sicherheitsbedürfnis der Sozialpartner ist es für die Versicherer auch unter dem Aspekt der Kosten von zentralem Vorteil, nicht einzeln, sondern im Rahmen eines größeren Konsortiums zu agieren. So lassen sich Doppelausgaben vermeiden bzw. Kosten senken, Skaleneffekte realisieren und vorhandene Kompetenzen bündeln. Daneben setzen die Konzerne auf einen hohen Automatisierungs- und Digitalisierungsgrad. Nach Angaben der Zurich und der Talanx bietet die Konsortiallösung neben Kostenoptimierungen für alle Beteiligten eine vollständig digitale Verwaltungslösung. Ein Self-Service-Portal dient als digitale Beratungs-, Abschluss- und Verwaltungsplattform – sowohl für Sozialpartner als auch für Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

Der Zurich-Manager Golatka sieht im Bereich Betriebsrente in Zukunft ein sehr großes Marktpotenzial. Allerdings werde das Thema Kosteneffizienz stärker als früher bei den Lösungen in den Vordergrund treten. „Der Druck wird nach und nach steigen“, sagt er laut „Handelsblatt“ vom 19. Februar 2018. Auch aus diesem Grund habe Zurich ein sehr transparentes Modell für die bAV aufgebaut.

Die Versicherungsbranche hat die Voraussetzungen für die Zielrente geschaffen. Doch wie stehen die Tarifparteien zum neuen bAV-Modell? Dieser Frage gehen wir im zweiten Teil unserer Zwischenbilanz zum BRSG ebenso nach wie dem Thema der noch offenen fachlichen Punkte rund um die Umsetzung des BRSG.

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