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Nachhaltigkeit

EU-Taxonomie und Transparenzverordnung: Grüne Investitionen erkennbar machen

Von Michaela Duhr / 18. August 2022

Um den Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft zu unterstützen, sollen Kapitalströme in grüne Aktivitäten gelenkt werden. Wer jedoch nachhaltig investieren will, muss auch wissen, was nachhaltig ist. Mit der Taxonomie- und Transparenzverordnung will die EU hier Klarheit schaffen. Im folgenden Beitrag gehen wir näher auf die beiden Regularien ein, die als zentrale Bausteine des EU-Aktionsplans Nachhaltige Finanzen gelten.

Taxonomieverordnung: Nachhaltigkeit messbar machen

Die Taxonomieverordnung ist einer der Bausteine, mit dem die EU-Kommission ein umfassendes Nachhaltigkeitslexikon schaffen will. Dabei wird sie unterstützt von einer Expertengruppe (Platform on Sustainable Finance) mit Vertretern aus Finanzwirtschaft, Umweltgruppen, Industrie etc. Die Taxonomieverordnung wurde bereits im Jahr 2020 von der EU-Kommission veröffentlicht. Dabei handelt es sich um ein Klassifikationssystem, das es Anlegern ermöglichen soll, Unternehmen hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit zu vergleichen und ihre Gelder gezielt in ökologisch wirtschaftende Unternehmen zu investieren. Sie enthält also Kriterien zur Bestimmung, ob eine Wirtschaftstätigkeit oder Investition als ökologisch nachhaltig einzustufen ist.

Die Taxonomieverordnung betrifft zunächst bestimmte Umweltziele, die von der EU-Kommission bereits in Teilen formuliert wurden. Sobald die Umweltziele vollständig definiert sind, soll in einem weiteren Schritt nach dem Vorbild der Umwelttaxonomie auch eine soziale Taxonomie (Arbeitsbedingungen, Lebensstandard, nachhaltige Gemeinschaften etc.) erarbeitet werden.

Nachhaltig im Sinne der Umwelttaxonomie sind Wirtschaftsaktivitäten, die einen wesentlichen Beitrag zu mindestens einem von insgesamt sechs Umweltzielen (Klimaschutz, Anpassung an den Klimawandel, nachhaltige Nutzung und Schutz der Wasser -und Meeresressourcen, Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung, Schutz und Wiederherstellung der biologischen Vielfalt und der Ökosysteme) leisten und zugleich keines der anderen Umweltziele negativ beeinträchtigen.

Zwei von sechs Umweltzielen definiert

Bislang wurden die technischen Regulierungsstandards (RTS) für die ersten beiden Umweltziele (Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel) formuliert. Die technischen Bewertungskriterien für die anderen vier Umweltziele stehen noch aus.

Seit 1. Januar 2022 muss das Klassifikationssystem für alle veröffentlichten Berichte in Bezug auf die ersten beiden Umweltziele angewendet werden. Die erste vollständige Offenlegung aller sechs Umweltziele erfolgt ab 1. Januar 2023. Die Offenlegungspflichten für Unternehmen und Finanzprodukte sind in der EU-Transparenzverordnung (siehe unten) geregelt, die sich wiederum auf die Taxonomie bezieht.

Die EU-Kommission will mit der Taxonomieverordnung auch Greenwashing verhindern. Darunter versteht man das Verbreiten von falschen Informationen mit dem Ziel, sich ein grünes Image zu verschaffen, ohne die entsprechenden umwelt- und klimafreundlichen Kriterien zu erfüllen. Jüngstes Beispiel: Ende Mai 2022 durchsuchten Ermittler Räume der Deutschen-Bank-Fondstocher DWS in Frankfurt/Main. Hintergrund der Durchsuchung sind „Greenwashing-Vorwürfe“ gegen die DWS. Die Frankfurter Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die DWS entgegen den Angaben in Verkaufsprospekten von DWS-Fonds ESG-Kriterien nur in wenigen Investments tatsächlich berücksichtigt hat.

EU-Transparenzverordnung: Nachhaltige Investments offenlegen

Die von der EU-Kommission im März 2021 eingeführte Transparenzverordnung (Sustainable Finance Disclosure Regulation – SFDR) für Finanzdienstleister erweitert die bestehenden Vorschriften für den Verkauf von Finanzprodukten um den Nachhaltigkeitsaspekt. Die SFDR regelt die Offenlegungspflichten von Produktgebern und Finanzberatern bezüglich Nachhaltigkeit in Strategien, Prozessen und Produkten. Die Verordnung gilt für alle Finanzmarktteilnehmer und Finanzberater in der EU. Dazu zählen auch Versicherungsvermittler, da sie laut Verordnung zu den Finanzberatern gehören, sowie Lebensversicherer und bAV-Anbieter, da sie Versicherungsanlageprodukte anbieten. Die entsprechenden Angaben zur Nachhaltigkeit sind in regelmäßigen Berichten, auf der Webseite, in Prospekten und vorvertraglichen Dokumenten zu machen.

Der Verordnung zufolge müssen zum einen Nachhaltigkeitsrisiken dargelegt werden. Das sind Ereignisse in den Bereichen Umwelt, Soziales oder Unternehmensführung, deren Eintreten den Wert einer Investition verringern könnte – z.B. umweltschädigende Produktion, Korruption etc. Zum anderen müssen negative Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren (Principal Adverse Impact Indicators – PAIs) offengelegt werden wie beispielsweise Beschleunigung des Klimawandels oder Zerstörung natürlicher Ressourcen.

Von normalen bis dunkelgrünen Fonds

Ein Teil der Regulierung umfasst die Einteilung von Finanzprodukten in drei Kategorien und zwar je nachdem, inwieweit ein Fonds nachhaltiges Investieren und ESG-Aspekte berücksichtigt. Zur Orientierung, was als nachhaltig eingestuft werden kann, wurde die EU-Taxonomie in die Transparenzverordnung integriert.

Für jede Kategorie (Artikel 6, 8 und 9 in der SFDR) sind verbindliche Anlagekriterien mit spezifischen Angaben erforderlich:

  • Artikel 6: Finanzprodukte, die ESG-Aspekte in den Anlageentscheidungsprozess integrieren oder erklären, dass sie Nachhaltigkeitsrisiken als nicht relevant erachten und die zusätzlichen Kriterien gemäß Artikel 8 und 9 nicht erfüllen. Diese Fonds gelten in der Finanzbranche als „normale“ Fonds. Sie legen keinen oder keinen offiziellen Wert auf Umwelt- und Ethikaspekte.
  • Artikel 8: Finanzprodukte, die soziale und/oder ökologische Merkmale fördern und in nachhaltige Anlagen investieren. Das Hauptziel dieser „hellgrünen“ Fonds ist jedoch nicht das nachhaltige Investieren.
  • Artikel 9: Finanzprodukte, die mit ihrer Anlagestrategie explizit Nachhaltigkeitsziele verfolgen. Hier spricht man von „dunkelgrünen“ Fonds.

Anwendung der RTS ab Januar 2023 geplant

Die technischen Regulierungsstandards, in denen die Umsetzung des SFDR präzisiert wird, sollten eigentlich bereits Anfang 2022 angewendet werden. Nun hat die EU-Kommission den Termin auf den 1. Januar 2023 verschoben. Um in der Zwischenzeit den entsprechenden SFDR-Pflichten nachkommen zu können, empfehlen die drei Europäischen Aufsichtsbehörden (European Supervisory Authorities- ESAs) den betroffenen Finanzmarktteilnehmern, sich an dem bereits vorliegenden finalen RTS-Entwurf zu orientieren. Die EU-Kommission hatte den finalen RTS-Entwurf im April 2022 dem EU-Parlament und dem EU-Rat zur Prüfung vorgelegt. Gibt es keine Einwände, werden die endgültigen RTS im EU-Amtsblatt veröffentlicht.

Bleiben Sie dran, wenn Sie mehr über die seit August 2022 geltende Beratungspflicht in Sachen Nachhaltigkeitspräferenzen und weitere EU-Initiativen wissen wollen.

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