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Produktinnovationen

Nachhaltige Altersvorsorge unter geänderten Rahmenbedingungen – Produkte und Konzepte

Von Christian Weber / 24. April 2023

Während über längere Zeit für die Zinsen ein beständiger Abwärtstrend zu beobachten war – erinnern wir uns an die Entwicklung des Referenzzinses seit der Einführung der Zinszusatzreserve im Jahr 2011 – und sich der Begriff Niedrigzinsphase zu einer Standardphrase entwickelt hat, gab es im Frühjahr 2022 erste Anzeichen für eine Zinserholung, die sich bis heute in einem kräftigen Anstieg des Zinsniveaus fortsetzt.

 

Ausgangspunkt der Entwicklung war die gestiegene Inflation, die auf Probleme im Bereich der Lieferketten und geändertes Konsumverhalten im Zuge der Corona-Pandemie einerseits und den russischen Angriffskrieg in der Ukraine mit den daraufhin ergriffenen Sanktionsmaßnahmen andererseits zurückgeführt wird. Zur Bekämpfung der gestiegenen Inflation hat die EZB den Hauptrefinanzierungssatz in mehreren Schritten von 0 Prozent auf 3,5 Prozent erhöht – 3,5 Prozent seit 22. März 2023. Obwohl die Inflation vom Zielwert 2 Prozent noch weit entfernt ist, müssen für weitere Zinsentscheidungen auch die inzwischen aufgetretenen Turbulenzen im Bankensektor – Probleme für mehrere Banken in den USA, eine arrangierte Übernahme der Credit Suisse durch die UBS in der Schweiz – beachtet werden.

 

Vor dem Hintergrund der Niedrigzinsphase wurden im Bereich der Lebensversicherung klassische Produkte und Konzepte immer wieder überprüft. Mit den schrittweisen Absenkungen des Höchstzinssatzes war es erforderlich, klassische Produkte mit jährlicher Zinsgarantie und üblichen Beitragssummengarantien anzupassen. In einer Weiterentwicklung wurden Produkte mit endfälligen und auch reduzierten Garantien eingeführt, sie werden oft unter dem Begriff „Neue Klassik“ zusammengefasst. Mit der Zeit haben aber die klassischen Produkte – bei einem Höchstzinssatz von nahe 0 Prozent – ihre vorherrschende Position im Markt verloren.

 

Gleichzeitig sind fondsgebundene und hybride Produkte wichtiger geworden. Das klassische fondsgebundene Produkt kombiniert individuell wählbare Fonds mit einem – eher geringen – Risikoschutz im Fall des Ablebens. Hybride Produkte können die Veranlagungschancen im Fondsbereich nützen und Garantien, über teilweise Veranlagung im Deckungsstock oder sogenannte Garantiefonds, darstellen. Aber auch bei hybriden Produkten wurden Beitragssummengarantien reduziert – etwa werden 80% der Beitragssumme als Erlebensfallleistung bei Vertragsablauf garantiert.

 

Der aktuelle Höchstrechnungszins – seit 01.01.2022 – in Höhe von 0,25 Prozent soll entsprechend einer Empfehlung des DAV auch zum 1. Januar 2024 unverändert beibehalten werden. Bei allgemein gestiegenen Zinsen sind klassische Produkte bei einem Höchstrechnungszins von 0,25 Prozent schwierig als konkurrenzfähige Veranlagung anzubieten – obwohl natürlich im Rückblick die Überschüsse entscheidend zur Entwicklung der Guthaben beitragen. Aber auch für die Überschüsse sind bei Produkten mit Veranlagungen im klassischen Deckungsstock bei schnell gestiegenen Zinsen keine rosigen Zeiten zu erwarten. Die Veranlagungen im klassischen Deckungsstock in langlaufende festverzinsliche Wertpapiere schreiben die Ertragssituation aus der Niedrigzinsphase noch über Jahre hinweg fort und werden einige Zeit großen Einfluss auf die Erträge und die damit finanzierten Überschüsse haben.

 

Was ist daraus für Produkte und Konzepte im Bereich der Altersvorsorge abzuleiten? Die Entwicklungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass ein lang anhaltend stabiler und ausreichend hoher Zins nicht selbstverständlich ist. Die erforderliche Dauer stabiler Zinsverhältnisse wird durch die typische Dauer klassischer Versicherungsprodukte vorgegeben – bei Rentenprodukten für die Altersvorsorge oft mehrere Jahrzehnte. In Bezug auf die erforderliche Höhe ist davon auszugehen, dass positive Erträge nach Berücksichtigung der Inflation erwartet werden. Einen Hinweis dazu gibt das Merkblatt zu wohlverhaltensaufsichtlichen Aspekten bei kapitalbildenden Lebensversicherungsprodukten der BaFin, das als Entwurf vorliegt. Auch wenn sich das Merkblatt auf fondsgebundene und hybride Produkte bezieht, ist die Anforderung realer positiver Erträge auch auf die klassischen Versicherungsprodukte zu übertragen.

 

Deshalb sind Vorsorgeprodukte mit teilweiser oder überwiegender Veranlagung in Substanzwerte zu bevorzugen, das heißt Veranlagung mit höheren erwarteten Erträgen, allerdings auch mit höherer Volatilität.

 

Dazu sind zuerst fondsgebundene Produkte zu nennen, bei denen der Versicherungsnehmer das Veranlagungsrisiko trägt  und entscheiden kann, in welche Fonds veranlagt wird. Die Kombination der Veranlagung in Fonds mit Garantien ist eine Charakteristik der hybriden Produkte. Typischerweise wird bei diesen Produkten ein Teil der Beiträge im klassischen Deckungsstock veranlagt, um beispielsweise die zugesagte endfällige Garantie abzusichern. Die restlichen Beiträge werden in die vom Versicherungsnehmer bestimmten Fonds angelegt. Bei dynamischen Hybridprodukten wird die Veranlagung im Laufe der Zeit, etwa monatlich, an die aktuellen Verhältnisse angepasst. Bei einem sogenannten 3-Topf-Hybrid wird neben dem klassischen Deckungsstock ein Garantiefonds, bei dem zum Beispiel ein möglicher Kursverlust innerhalb eines Monats begrenzt ist, für die Absicherung der Garantie benützt. Das grundsätzliche Vorgehen besteht darin, so viel wie möglich in Fonds zu veranlagen, unter der Nebenbedingung, dass die zugesagte Garantie abgesichert ist.

 

Wesentliches Merkmal ist die Veranlagung in Substanzwerte mit höheren Erträgen – kombiniert mit bestimmten Sicherheiten, die das Volatilitätsrisiko für den einzelnen Versicherungsnehmer abmildern.

 

Für eine interessante Ausprägung dieses Vorgehens verweisen wir auf die Vorausschauende Sparversicherung des Schweizer Unternehmens Mobiliar. Dabei wird die ertragreichere Veranlagung mit kollektiven Puffern zum Aufbau von Sicherheiten kombiniert. Die Ideen sind auch im Sozialpartnermodell in der betrieblichen Altersvorsorge zu finden, wobei die nichtklassische Veranlagung sich nicht nur auf die Aufschubzeit beschränkt, sondern auch im Rentenbezug angewendet wird.

 

 

 

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