Kollektive Kapitalpuffer
Die reine Beitragszusage ist ein neuer Weg der betrieblichen Altersvorsorge. Neu – im Vergleich zu den bisherigen Durchführungswegen – sind abgestimmte Regelungen, die Veranlagungsstrategien mit höheren erwarteten Erträgen und hoher Sicherheit ermöglichen. Kollektive Kapitalpuffer können verwendet werden um das Versorgungskapital gegen Schwankungen am Kapitalmarkt abzusichern.
Veranlagungsvorschriften und Volatilität
Die Veranlagungsvorschriften zur reinen Beitragszusage erlauben – in Anlehnung an die Regelungen für Pensionsfonds – verstärkt Investitionen in Aktienportfolios. Für Investitionen in ein breit gestreutes Aktienportfolio werden – verglichen mit Veranlagungen in festverzinslichen Wertpapieren – langfristig höhere Erträge erwartet – insbesondere in der aktuellen Niedrigzinsphase. Allerdings sind mit verstärkten Investitionen in Aktienportfolios höhere Wertschwankungen verbunden. Hier setzt der Gesetzgeber an und fordert in § 39 PFAV begleitende Maßnahmen im Risikomanagement. Wir zitieren die Absätze 1 und 4.
(1) Im Rahmen des Risikomanagements sind die Vorgaben des Betriebsrentengesetzes sowie die zugrunde liegenden Vereinbarungen, insbesondere zur Begrenzung der Volatilität des Versorgungskapitals und der lebenslangen Zahlungen, zu berücksichtigen.
(4) Das Risikomanagement hat Verfahren zur Messung, Überwachung, Steuerung und Begrenzung der Volatilität der lebenslangen Zahlungen vorzusehen. Die Festlegungen der Tarifvertragsparteien sind dabei zu berücksichtigen.
Es sind Verfahren vorzusehen, sodass sich Kapitalmarktschwankungen nicht direkt in der Entwicklung des Versorgungskapitals wiederspiegeln. Vielmehr soll ein gleichmäßiger Verlauf für das Versorgungskapital angestrebt werden. Die Anforderung zur Beschränkung der Schwankungen gilt insbesondere auch für die lebenslangen Zahlungen.
Wir erinnern an den Zusammenhang mit dem Garantieverbot und den Regelungen zur Anpassung der Rentenleistungen. Während es grundsätzlich nicht zulässig ist, Rentenleistungen zu garantierten und die Anpassung von Rentenleistungen auf Basis der Entwicklung des Versorgungskapitals vorgesehen sind, sind im Risikomanagement Verfahren zu implementieren, sodass Schwankungen am Kapitalmarkt – trotz verstärkter Veranlagung in Aktienportfolios – nur gedämpft auf die lebenslangen Zahlungen einwirken. Dazu werden kollektive Kapitalpuffer verwendet, die Schocks am Kapitalmarkt in einem gewissen Ausmaß abfedern können.
Kollektiver Kapitalpuffer für Rentenempfänger – impliziter Puffer
Für Rentenempfänger ist ein kollektiver Kapitalpuffer – impliziter Puffer – in die Regelungen für Rentenanpassungen inkludiert. Wir erinnern an den Kapitaldeckungsgrad, der für den Bestand der Rentenempfänger misst, in welchem Ausmaß das verfügbare Kapital zur Deckung der vorgegebenen Rentenleistungen ausreicht – anders ausgedrückt: Der Kapitaldeckungsgrad misst, wie hoch der implizite Puffer bezogen auf den Barwert der Rentenleistungen ist. Ist der Kapitaldeckungsgrad im gesetzlich zulässigen Intervall von 100 Prozent bis 125 Prozent, so ist ein impliziter Puffer bis zu 25 Prozent vorhanden. Bei Schwankungen des Kapitaldeckungsgrads innerhalb des gesetzlich zulässigen Intervalls, können die Rentenzahlungen unverändert bleiben. Bei wachsendem Kapitaldeckungsgrad wird der implizite Puffer aufgebaut, bei fallendem Kapitaldeckungsgrad abgebaut. Nur falls der Kapitaldeckungsgrad aus dem gesetzlich zulässigen Intervall herausfällt – zu wenig oder zu viel impliziter Puffer – werden die Rentenleistungen angepasst. Dies kann zu einer Absenkung oder auch einer Erhöhung der Rentenleistungen führen.
Bei der Verrentung des Versorgungskapitals wird fairerweise berücksichtigt, dass ein neu zugehender Rentenbezieher ebenfalls einen adäquaten Kapitalpuffer mit einbringt. Wir verweisen auf Ermittlung der Rentenleistung.
Kollektiver Kapitalpuffer aus Sicherungsbeiträgen – Sicherungspuffer
In §23 (1) PFAV werden Sicherungsbeiträge eingeführt – zur Absicherung des Versorgungskapitals gegen starke Abwärtsbewegungen am Kapitalmarkt.
Zur Absicherung der reinen Beitragszusage soll im Tarifvertrag ein Sicherungsbeitrag vereinbart werden.
Mit der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales wird für die Sicherungsbeiträge eine eigene Regelung in Bezug auf die Deckungsrückstellung aufgenommen. Wir zitieren §35 (3) PFAV.
Mit Zusatzbeiträgen nach § 23 Absatz 1 des Betriebsrentengesetzes und daraus erzielten Erträgen kann eine zusätzliche Deckungsrückstellung gebildet werden, die den Versorgungsberechtigten insgesamt zugeordnet ist.
Wir wollen auch aus der Begründung zu dieser Regelung zitieren.
Ein eigener Absatz ist sinnvoll, weil die Sicherungsbeiträge der Absicherung der reinen Beitragszusage insgesamt dienen. Folgerichtig steht die zusätzliche Deckungsrückstellung nach dem neuen Absatz 3 den Versorgungsberechtigten insgesamt – also den Versorgungsanwärtern und den Versorgungsempfängern – zur Verfügung. Der Puffer nach Absatz 3 kann sowohl der Deckungsrückstellung der Versorgungsanwärter nach Absatz 1 (z. B. zur Stabilisierung der Anwartschaft gegen Ende der Ansparphase) als auch der Deckungsrückstellung der Versorgungsempfänger nach Absatz 2 (speziell zur Stützung des Kapitaldeckungsgrads) zugeführt werden.
Die Sicherungsbeiträge werden in einem eigenen kollektiven Kapitalpuffer – Sicherungspuffer – aufgesammelt. Für den Sicherungspuffer gibt es keine Trennung zwischen Versorgungsanwärtern und Versorgungsempfängern. Der Sicherungspuffer steht den Versorgungsberechtigten insgesamt zur Verfügung.
Sicherungspuffer und Kapitaldeckungsgrad
Ein interessanter Punkt in obiger Begründung betrifft den Kapitaldeckungsgrad. Beim Kapitaldeckungsgrad ist das verfügbare Kapital gleich
der Deckungsrückstellung, die nach § 35 Absatz 2 für die Rentenempfänger zu bilden ist.
Entsprechend ist der Sicherungspuffer (§35 (3) PFAV) nicht in den Kapitaldeckungsgrad einzurechnen. Er kann infolgedessen zur Stützung des Kapitaldeckungsgrads verwendet werden, indem Mittel aus dem Sicherungspuffer der Deckungsrückstellung der Versorgungsempfänger zugeführt werden. Wir folgern: Im Allgemeinen ist bei der Bestimmung des Versorgungskapitals des Versorgungsanwärters der Sicherungspuffer nicht einzurechnen. (Klarerweise kann der Sicherungspuffer gegebenenfalls zur Stützung der anfänglichen Rentenhöhe eingesetzt werden.)
In Bezug auf die konkrete Ausgestaltung sind Strategien durch die Tarifvertragsparteien festzulegen. Dies betrifft die Höhe der Sicherungsbeiträge und die Situationen, wann und wie der Sicherungspuffer zu verwenden ist.
Ausblick: Kollektive Kapitalpuffer für Versorgungsanwärter
Für Versorgungsanwärter sind in der reinen Beitragszusage sowohl individuelle als auch kollektive Veranlagungsstrategien möglich. Für kollektive Veranlagungsstrategien können – neben dem Sicherungspuffer – weitere kollektive Kapitalpuffer verwendet werden – um die Erträge zu glätten und das Versorgungskapital gegen Abwärtsbewegungen am Kapitalmarkt abzusichern. Wir werden über dieses Thema im folgenden Beitrag „Kollektive Kapitalpuffer für Versorgungsanwärter“ sprechen.