Entwurf zum BMF-Schreiben zur bAV
Mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz wurden mit Wirkung ab 1. Januar 2018 zahlreiche Änderungen bei den steuerlichen Regelungen der betrieblichen Altersversorgung beschlossen. Diese Änderungen sollen in das BMF-Schreiben vom 24. Juli 2013 „Steuerliche Förderung der privaten Altersvorsorge und betrieblichen Altersversorgung“ eingearbeitet werden.
Einen 41-seitigen Entwurf des überarbeiteten Teils „B. Betriebliche Altersversorgung“ hat das Bundesfinanzministeriume Anfang Oktober öffentlich zur Verfügung gestellt.
Aufgrund des Umfangs möchte ich mich heute auf die Änderungen beschränken, die § 3 Nr. 63 und 63a EStG betreffen.
Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 63 Satz 1 EStG
Von dieser Regelung sind alle Arbeitnehmer in ihrem ersten Dienstverhältnis begünstigt. Erfreulich ist die Klarstellung, dass bei geringfügig Beschäftigten oder Aushilfen, bei denen die Vergütung pauschal gemäß § 40a EStG besteuert wird, das Vorliegen des ersten Dienstverhältnisses durch eine Erklärung des Arbeitnehmers dokumentiert werden kann (Rz 302).
Dagegen verwirrt die Fußnote in Rz 304, in der die Ansicht des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zum Thema „in welcher Höhe muss der Arbeitgeber den 15 %-Zuschlag für ersparte Sozialabgaben entrichten“ dargestellt wird. Dies wurde bereits im Versicherungsjournal entsprechend kritisiert. In einem Schreiben aus dem Finanzministerium sollte die steuerliche Sicht dargestellt werden. Und aus dieser ist es völlig egal, wie der Arbeitgeber diesen Zuschlag ermittelt und ob er ihn ggf. freiwillig aufstockt. Ich hätte in einem BMF-Schreiben allenfalls eine Klarstellung erwartet, dass der Arbeitgeber-Zuschlag den Förderrahmen nicht erweitert, auch wenn er (z.B. bei bestehenden Gehaltsumwandlungen) erst später gewährt werden muss.
In welcher Reihenfolge das neue Fördervolumen von 8 % der Beitragsbemessungsgrenze zur gesetzlichen Rentenversicherung (West) durch verschiedene Beitragsteile (§ 40b-Beitrag, Arbeitgeberbeitrag, Entgeltumwandlung) in Anspruch zu nehmen ist, wird in Rz 310 und im Beispiel der Rz 311 in knappen Worten schön illustriert. Ein Verweis auf § 3 Nr. 56 EStG, der ebenfalls in das Fördervolumen einzurechnen ist, würde diesen Passus perfekt abrunden.
Ausschluss der Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 63 Satz 2 EStG
Dieses auf den ersten Blick seltsame (und nicht neue!) Wahlrecht für Arbeitnehmer, die in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert sind, ist die Grundlage für die Inanspruchnahme der „Riester-Förderung“ bei einem bAV-Vertrag. Der Arbeitnehmer soll die Möglichkeit haben, die für ihn günstigere Förderung wählen zu können.
Im Entwurf des BMF-Schreibens wurde nur ein Satz ergänzt: „Der Arbeitnehmer kann sein Verlangen nach individueller Besteuerung (Verzicht auf Steuerfreiheit) betragsmäßig oder prozentual begrenzen.“ Dadurch ist die kombinierte Riester- und bAV-Förderung in einem Gehaltsumwandlungsvertrag nun auch steuerlich flankiert.
Vervielfältigungsregel nach § 3 Nr. 63 Satz 3 EStG
Aus Anlass der Beendigung eines Dienstverhältnisses konnten und können Beiträge in einen versicherungsförmigen bAV-Vertrag (Direktversicherung, Pensionskasse oder Pensionsfonds) zusätzlich zum jährlichen Fördervolumen steuerfrei eingezahlt werden. Im BMF-Schreiben erfolgt nun eine Klarstellung, wann ein Zusammenhang mit der Beendigung des Dienstverhältnisses anzunehmen ist. Insbesondere wird nun auch eine Zahlung nach Beendigung des Dienstverhältnisses unter bestimmten Voraussetzungen anerkannt.
Zudem wurde klargestellt, dass dieses Fördervolumen NICHT erhöht wurde. Es verbleibt bei 4 % der Beitragsbemessungsgrenze multipliziert mit der Anzahl der Kalenderjahre, in denen das Dienstverhältnis bestanden hat, maximal aber mit zehn Kalenderjahren.
Nachholung der Beitragszahlung nach § 3 Nr. 63 Satz 4 EStG
Neu mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz wurde die Möglichkeit eröffnet, Beiträge für Kalenderjahre steuerfrei nachzuzahlen, in denen das erste Dienstverhältnis ruhte und daraus kein Arbeitslohn bezogen wurde. Elternzeit, Sabbatjahre oder Entsendungen ins Ausland können zu dieser Situation führen.
In diesem Fall kann für maximal zehn Kalenderjahre nachträglich 8 % der Beitragsbemessungsgrenze (des Jahres der Nachzahlung!) als steuerfreier Beitrag in eine versicherungsförmige bAV eingezahlt werden.
Zu beachten ist hier die strikte Abstellung auf das Kalenderjahr: Die Nachholung der Beiträge ist nur für Kalenderjahre möglich, in denen das Dienstverhältnis vom 01.01. bis zum 31.12. geruht hat UND kein steuerpflichtiger Arbeitslohn bezogen wurde. Diese Regelung erscheint mir zu streng. Eine Tantiemezahlung für das Vorjahr unterbindet damit eine Nachzahlung, auch wenn das Arbeitsverhältnis das komplette Jahr geruht hat. Wäre es hier nicht besser, auf das Ruhen des Arbeitsverhältnisses und keiner Inanspruchnahme der Steuerfreiheit gemäß § 3 Nr. 63 Satz 1 EStG abzustellen?
Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 63a EStG
Diese Regelung wurde eingeführt, um die Steuerfreiheit von Zusatzbeiträgen des Arbeitgebers für die Absicherung der reinen Beitragszusage (Sicherungsbeiträge) zu gewährleisten.
Die Kernbotschaft der Rz 32 h und 320i ist die, dass § 3 Nr. 63a EStG nur dann anzuwenden ist, wenn diese Beiträge nicht unmittelbar einzelnen Arbeitnehmern gutgeschrieben oder zugerechnet werden. Anderenfalls handelt es sich um Arbeitgeberbeiträge, die ggf. im Rahmen von § 3 Nr. 63 Satz 1 EStG steuerfrei geleistet werden können. Wird aus diesem Sicherungsvermögen zu einem späteren Zeitpunkt dem Arbeitnehmer eine Leistung oder ein anderer Vorteil zufließen, ist diese voll steuerpflichtig.
In der Theorie ist diese Folgerung schlüssig und nachvollziehbar, aber die Frage, wann einem Arbeitnehmer ein solcher Vorteil zufließt, bleibt der Entwurf schuldig.
Beispiel zu § 3 Nr. 63a EStG
Der ehemalige Arbeitnehmer A bekommt eine Rente, die über eine reine Beitragszusage finanziert wurde. Diese wird (z.B. aufgrund ungeförderter Beitragszahlung während der Elternzeit) aufgeteilt in einen geförderten (z.B. 80 €) und einen ungeförderten Teil (z.B. 20 €). Zum ersten Überprüfungstermin stellt man fest, dass der Kapitaldeckungsgrad des Rentnerbestandes nur 90 % beträgt. Eine Rentenkürzung kann aber unterbleiben, weil unter Berücksichtigung des Vermögens aus den Sicherungsbeiträgen immer noch ein Kapitaldeckungsgrad über 100 % vorliegt.
Führt bereits diese Situation dazu, dass die bisherige Aufteilung nur noch auf die gekürzte Rente angewendet werden darf (72 € gefördert, 18 € ungefördert)? Wenn ja, müsste die nicht durchgeführte Rentenkürzung in Höhe von 10 € als voll gefördert angesehen werden! Folglich wäre ab diesem Zeitpunkt die Rente zu 82 € gefördert und 18 € ungefördert. Offen bleibt auch, wie der Fall zu bewerten ist, wenn bei der nächsten Überprüfung der Kapitaldeckungsgrad ohne Berücksichtigung des Vermögens aus Sicherungsbeiträgen wieder über 100 % liegt. Konsequenter Weise müsste in diesem Fall die Aufteilung ab diesem Zeitpunkt wieder 80 % zu 20 % betragen.
In meinen Augen wäre es organisatorisch und verwaltungstechnisch wesentlich einfacher, eine Änderung der Aufteilung erst dann vorzunehmen, wenn tatsächlich der Sicherungspuffer angegriffen und hieraus Vermögen entnommen wird. Solange er nur für den rechnerischen Nachweis der Finanzierbarkeit herangezogen wird, sollte kein steuerlicher Zufluss angenommen werden.
Gut, bis es die ersten Rentenzahlungen aus einer reinen Beitragszusage gibt, wird es noch etwas dauern, so dass noch Zeit bleibt, diesen Abschnitt zu ergänzen.
Weitere Neuerungen
Neuerungen gibt es natürlich auch zum bAV-Förderbetrag gemäß § 100 EStG. Hier ist auf knapp acht Seiten die Sicht der Finanzverwaltung dargelegt. Diese werde in meinem nächsten Blog-Beitrag „Entwurf zum BMF-Schreiben zur bAV“ kommentieren.
Ziel des BMF ist es, noch in diesem Jahr eine überarbeiteten Fassung des BMF-Schreibens vom 24.07.2013 zu veröffentlichen.