Nachhaltige Altersvorsorge – Neue Konzepte dringend gesucht!
Herausforderungen im Niedrigzinsumfeld
Seit Jahren kämpfen Lebensversicherer und Anbieter betrieblicher Altersvorsorge mit niedrigen Zinsen. Für viele ist es schwierig, die garantierte Verzinsung aus den Kapitalerträgen zu erwirtschaften. Laut EIOPA garantieren mehr als die Hälfte der europäischen Lebensversicherer ihren Kunden eine Rendite, die den Zinsertrag 10-jähriger Staatsanleihen übersteigt.
Bei einer Untersuchung der Geschäftszahlen der deutschen Lebensversicherer erstellte die Zeitschrift „Finanztest“ eine Übersicht, in wie vielen Jahren die Anbieter mit ihren Kapitalerträgen den garantierten Zins verdienen konnten, Betrachtungsperiode war 2016 – 2018. 16 Prozent der Anbieter erreichten dieses Minimalziel in keinem, 24 Prozent in einem Jahr. Zusammengefasst war es für 40 Prozent der Anbieter in höchstens einem der drei betrachteten Jahre möglich, den garantierten Zins aus den laufenden Kapitalerträgen zu erwirtschaften.
Langlaufende Garantien sind zur Last für die Versicherer geworden, weil die Wiederveranlagung nur mehr zu den geänderten Kapitalmarktbedingungen mit extrem niedrigen Zinsen möglich ist. Deshalb gibt es zum einen die aufsichtsrechtlichen Vorschriften zur Bildung der Zinszusatzreserve, zum anderen wird versucht – wiederum im Rahmen der aufsichtsrechtlichen Möglichkeiten – die Veranlagung situationsgerecht auszugestalten.
Das geht soweit, dass inzwischen die BaFin eine Reihe von Lebensversicherern und Pensionskassen unter intensivierte Aufsicht gestellt hat. Insbesondere sieht die BaFin bei Pensionskassen größere Probleme, weil sie von der anhaltenden Niedrigzinsphase noch stärker betroffen seien.
Garantien kosten Geld
Mit dem Versprechen garantierter Verzinsung haben die Versicherer jahrzehntelang beim Kunden gepunktet. Auch heute gibt es durchaus noch den Wunsch nach garantierter Verzinsung. Garantierte Zinsen geben scheinbar Sicherheit für die Zukunft. Tatsächlich werden Versicherer durch vereinbarte Garantien gezwungen, in langfristige Anleihen mit niedriger Verzinsung zu investieren. Damit werden die Kunden von der Entwicklung an den Kapitalmärkten langfristig ausgeschlossen. Unter Berücksichtigung normaler Kostenentwicklung – und der weiterhin niedrigen Zinsen – laufen die Kunden Gefahr, wegen der Garantien an Kaufkraft zu verlieren.
Lebensversicherer und Anbieter betrieblicher Altersvorsorge suchen bereits seit Jahren nach Wegen, ihr Geschäft an das anhaltend niedrige Zinsumfeld anzupassen – mit neuen Produkten und einer Abkehr von der jahrzehntelangen Fixierung der Branche auf Garantien. Zuletzt hat im Oktober der Branchenführer Allianz angekündigt, eine vollständige Bruttobeitragsgarantie ab dem kommenden Jahr nur mehr dort anzubieten, wo sie gesetzlich verankert ist. Mittlerweile gibt es viele Produkte mit modifizierten Garantiezusagen. Laut GDV machten im Geschäftsjahr 2019 Verträge mit modifizierten Garantien bereits mehr als 60 Prozent des Neugeschäfts aus.
Kollektive Absicherung statt Garantie
Alle Strategien zur Modifikation der Garantien waren von der Hoffnung getrieben, dass sich das Zinsumfeld nicht noch weiter verschlechtert. Doch inzwischen erscheint ein grundsätzliches Umdenken angebracht: Die Entwicklung von Altersvorsorgeprodukten mit kollektiven Sicherheitskonzepten als Alternative zu Garantieprodukten.
In der Eurozone gibt es bereits seit Jahren Modelle, die über kollektive Ausgleichsverfahren Sicherheit erreichen, sowohl bei staatlich geförderten Angeboten (2. Säule) als auch bei privaten Vorsorgeprodukten (3. Säule).
In Dänemark gibt es neben der staatlichen Altersrente die Arbeitsmarkt-Zusatzrente (ATP), in die alle Arbeitnehmer einen verpflichtenden monatlichen Beitrag einzahlen. Charakteristisch für das sogenannte ATP-System sind Mechanismen mit einem Ausgleich zwischen verschiedenen Generationen und kollektiven Puffern. So werden 20 Prozent der Beiträge als Investmentpuffer einbehalten, um Renten aufgrund von Langlebigkeitsrisiken anpassen zu können. Die ATP zählte 2018 rund 5 Millionen Mitglieder. (5,8 Mio. Einwohner)
In den Niederlanden besteht die zweite Säule des Alterssicherungssystems aus einer kollektiven betrieblichen Altersversorgung, die bei einem Pensionsfonds oder einer Versicherung untergebracht sein kann. Es sind rund 90 Prozent der Arbeitnehmer in einem der aktuell rund 260 Fonds abgesichert.
In Großbritannien gibt es neben der Grundrente und einer verdienstabhängigen Zusatzrente eine dritte Säule der Altersversorgung, die aus kapitalgedeckten, betrieblichen und privaten Zusatzsystemen besteht. 2015 wurden erstmals die gesetzlichen Grundlagen für eine kollektive beitragsbezogene Altersversorgungsregelung (Collective Defined Contribution Schemes, CDC) geschaffen, die eine Verteilung und Glättung von Kapitalmarktrisiken und -gewinnen im Kollektiv der Versicherten erlaubt.
In Deutschland wurde mit Inkrafttreten des Betriebsrentenstärkungsgesetzes (BRSG) im Januar 2018 eine neue Form der kollektiven Zusatzrente ohne Garantiezusagen eingeführt. Demnach können Arbeitgeber und Gewerkschaften im sogenannten Sozialpartnermodell die bAV tarifvertraglich als reine Beitragszusage gestalten. Arbeitgeber und Gewerkschaften zeigen sich bisher allerdings zurückhaltend.
In folgenden Blogposts werden wir einen neuen Ansatz für die Altersvorsorge vorstellen: das Rentendesign „Maximal With-Profit“, bei dem über kollektiven Austausch Sicherheit erreicht werden kann.